Krimiautoren gegen Antisemitismus – ein Überblick

Krimiautoren gegen Antisemitismus – ein Überblick

Am 16. Januar beteiligt sich Simone Buchholz in Hamburg an einer Lesung gegen Antisemitismus: Sie gehört zu den wenigen im Bereich Kriminalliteratur, die sich laut und öffentlich gegen die aktuellen antisemitischen Ausschweifungen engagieren. Andere Kriminalschriftsteller wie Franz Dobler haben den gemeinsamen Aufruf „Literaturbetrieb, jetzt!“ unterzeichnet. Ein Überblick.

Der 07. Oktober 2023 wird in die Geschichte eingehen. Der mörderische Angriff der islamistischen Hamas auf israelische Zivilisten hallt nach – auch im Kultur- und Literaturbereich. Während sich bei anderen Terrorangriffen eine breite Solidarität zeigt, verhält es sich bei diesem erschütternden Ereignis anders. Grund: Es geht um Israel.

Statt einer Welle von Solidarität gibt es eine Welle von antisemitischen Äußerungen und Taten. Die Szenen auf den Straßen Neuköllns kennen alle. Doch auch das Schweigen fiel lange Zeit auf: Während viele Autoren und Künstler in großer Anzahl Aufrufe und Protestnoten zu vielfältigen Themen unterschreiben, halten sich einige bei diesem Thema auffällig zurück.

Umso begrüßenswerter finde ich es, dass sich auch Krimiautorinnen und Krimiautoren in den letzten Wochen verstärkt zu Wort melden. In offenen Briefen, in Interviews, bei Lesungen. Ein aktueller Veranstaltungstipp: Die bekannte Krimischriftstellerin Simone Buchholz nimmt am 16. Januar an einer Lesung gegen Antisemitismus in Hamburg teil. Dort trägt sie mit anderen Beteiligten aus der Kulturszene unter anderem Texte von Jean Améry, Heinrich Mann und Hannah Arendt vor.

Aufruf der Literaturszene: Schweigen ist keine Möglichkeit

Ein massiver Terrorangriff und kaum Reaktionen aus dem Literaturbetrieb? Dieser Zustand veranlasste die beiden Schriftsteller Björn Kuhligk und Marcus Roloff, einen offenen Brief unter dem Titel „Literaturbetrieb, jetzt“ zu verfassen. Hunderte Autoren schlossen sich an – darunter finden sich bekannte Krimiautoren wie Franz Dobler, Friedrich Ani, Andreas Pflüger und Maxim Leo. Die Unterzeichner stellen in diesem Brief unmissverständlich klar:

Jüdinnen und Juden sind in diesem Land, in Europa und weltweit bedroht. Es ist Zeit, in aller gebotenen Schärfe die Stimme zu erheben. Wir haben genug von jedwedem relativistischen Lavieren.

Offener Brief „Literaturbetriueb, jetzt!“

Der Suhrkamp-Autor Andreas Pflüger äußerte sich auch auf dem Blog „Literatur outdoors – Worte sind Wege“. Dort beklagt sich Pflüger in deutlichen Worten darüber, dass viele Akteure im Kulturbetrieb schweigen, obwohl sie ansonsten „bei jedem Scheiß das Maul aufreißen.“ Zudem kritisiert er einen saloppen Antisemitismus, der unter Künstlern und Veranstaltern mittlerweile hoffähig sei.

Deutschsprachige Krimiautoren gegen Antisemitismus: zu wenig?

Ich neige dazu, diese Fragen zu bejahen. Der Antisemitismus ist eine Herausforderung – gerade auch im progressiv geprägten Literatur- und Kunstbetrieb. Viele eher links gesinnten Künstler stellen sich geradezu automatisch auf die Seite der angeblich Schwachen und ignorieren die menschenverachtende islamistische Ideologie. Postkolonialistische Theorien sind en vogue: In der Kunstszene zeigen sich die Auswirkungen. Die Debatten um die Documenta erweisen sich aus heutiger Sicht als Vorspiel.

Andererseits: Es finden sich im deutschsprachigen Raum kaum Autoren, die problematische Positionen beziehen. Nicht jeder beteiligt sich an einer Lesung, nicht jeder unterschreibt offene Briefe. Manche finden andere Formen, sich als Krimiautoren gegen Antisemitismus einzusetzen. Vielleicht in einem gut geschriebenen Kriminalroman!