Norbert Horst: Bitterer Zorn

Norbert Horst: Bitterer Zorn

In „Bitterer Zorn“ als vierter Band der Steiger-Krimis prallen Welten aufeinander: Kommissar Thomas Adam und seine Partnerin Jana müssen sich mit Familienclans und Nazis auseinandersetzen. Der Polizist und Schriftsteller Norbert Horst legt eine ausgefeilte und hervorragend geschriebene Kriminalgeschichte vor!

Die Bücher mit Kommissar Adam, genannt Steiger, sind Regionalkrimis im besten Sinne. Horst schreibt zweifelsohne Ruhrpott-Krimis, das ist den Haupt- und Nebenfiguren in allen Facetten anzumerken. So liegt es nahe, dass die Vereinsliebe im fußballverrückten Ruhrgebiet eine wichtige Rolle spielt. Der Schalker Steiger hat in Dortmund einen schweren Stand. Zugleich nutzt der Autor den momentanen Tabellenstand der Gelsenkirchener symbolhaft. Die Schalker befinden sich im Tabellenkeller, die Fans müssen viel verkraften. Für Steiger und Jana gilt das auch im Privatleben jenseits des Fußballs. Vor allem für Jana kommt es knüppeldick.

Gesellschaftlich relevant? Das ist dieser 2019 erschienene Steiger-Krimi allemal. Norbert Horst greift in seinen Werken das Zeitgeschehen auf und lässt seinen Kommissar Haltung beweisen. Der Rechtstrend in der Gesellschaft? Steiger kritisiert ihn, auch innerhalb der Polizei. Familienclans, die ihr eigenes Rechtssystem etablieren wollen? Auch dagegen geht der Polizist konsequent vor.

Beruflich und privat eine Herausforderung

Steiger und Jana sehen sich in diesem Fall mit zwei dubiosen Ereignissen konfrontiert. Als Zivilermittler schnappen sie einen rumänischen Einbrecher, der sich aber nicht wie ein typischer Einbrecher verhalten hat. Er streunte zwar in Gärten herum, schien jedoch nicht einbrechen zu wollen. Bei den Vernehmungen fragt er nach seinem Freund, der verschwunden sei. Steiger macht sich auf die Suche.

Ebenso mysteriös ist die Entführung eines Kindes, bei der keine Vermisstenanzeige eingeht. Schnell wird klar, dass auf der potenziellen Opfer- und Täterseite Familienclans involviert sind. Die Dortmunder Polizei nimmt den Sachverhalt ernst, auch wenn sie nur über einen indirekten Hinweis verfügen.

Steiger und seine Kollegin ermitteln und setzen sich zugleich mit persönlichen Herausforderungen auseinander. Steiger gerät mit seinem Polizeifreund Batto in Konflikt. Batto macht Karriere und nach Steigers Ansicht hierfür zu viele Kompromisse. Zerbricht die langjährige Freundschaft? Steigers Freundin Eva ist die Nähe in der gemeinsamen Wohnung nicht gewohnt. Wacht er bald wieder allein im Bett auf?

Noch schlimmer erwischt es Jana. Ihr Bruder umgibt sich mit Nazis. Sie will ihn von seinen neuen Kameraden fernhalten. Die Aussichten sind eher düster. Nazis zeigen auch in Steigers Stammkneipe Präsenz. Realistisch beschrieben: Dortmund gilt als Nazi-Hochburg in NRW, im Stadtteil Dorstfeld haben sich viele Nazi-Aktivisten niedergelassen.

Verschiedene Welten: Rechtsstaat – Familienclans – Rechtsradikale

Dieser Steiger-Krimi zeigt drei voneinander abgeschottete Welten: Steiger glaubt bei allen Schwächen an das rechtsstaatliche System. Die Mitglieder der Clans wollen davon nichts wissen. Sie engagieren einen Friedensrichter. Ein Highlight des Romans ist, als Steiger und dieser Friedensrichter darüber diskutieren. Die Rechtsradikalen wollen derweil ihre Ideologie praktisch durchsetzen. Eine Gesellschaft in Anspannung – das hat sich seit der Veröffentlichung 2019 nochmals deutlich verschärft.

„Bitterer Zorn“ gibt aber auch Hoffnung. Da ist zum Beispiel Fuada, eine starke Frau. Sie setzt sich für das Entführungsopfer ein, auch wenn sie sich damit gegen ihre Familie wendet.

Steiger-Krimis vom Polizisten: Norbert Horst überzeugt

Die Stärke dieser Krimis liegt darin, dass Norbert Horst kompetent und literarisch versiert ist. Horst arbeitete viele Jahre als Kommissar, er kennt die Polizeiarbeit im Detail. Zugleich gelingt es ihm, dieses Wissen in einer unaufdringlichen Weise unterzubringen. Für Leser ergeben sich interessante Einblicke: So sind Familienclans im Polizeijargon „ethnisch abgeschottete Subkulturen“. Er schreibt fachlich korrekt und doch spannend.

Deutscher Krimipreis und Friedrich-Glauser-Preis für zwei Bände der Kirchenberg-Reihe. Zahlreiche lobende Rezensionen für die Steiger-Bücher: Die Ruhrpott-Krimis von Norbert Horst verdienen das!

„Bitterer Zorn“ von Norbert Horst hier bei Thalia kaufen. Oder in der lokalen Buchhandlung.

Diese Rezension basiert auf folgender Ausgabe:

Norbert Horst: Bitterer Zorn, 2019, Goldmann (Taschenbuch), 320 Seiten

Weiterführende Informationen und Lesetipps:

Im Text habe ich bereits den Artikel von Nordstadtblogger verlinkt. Diese Analyse gibt einen guten Überblick über die Situation im Stadtteil Dorstfeld und die Strategie der Rechten.

Das Thema ist weiterhin präsent: Erst im April 2023 berichtete der WDR von Einschüchterungsversuchen im Unionviertel. Auch eine Zusammenarbeit mit jungen Männern, die einen Migrationshintergrund haben, schildern die Journalisten. Gemeinsames Feindbild: Linke.

Diesen Aspekt greift auch Sebastian Weiermann im Neuen Deutschland auf. „Allahu akbar“ und SS-Runen: Die Schnittmenge bestehe in einem autoritären Menschen- und Gesellschaftsbild, einem Gewaltfetisch und toxischer Männlichkeit, so ein von Weiermann zitierter lokaler Antifaschist.

Hier sind wir wieder bei „Bitterer Zorn“: Zwischen den reaktionären Ansichten der männlichen Clanmitglieder und deutschen Rechten gibt es so manche Übereinstimmung.

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