HERland: Netzwerk für feministische Kriminalliteratur
Mit HERland gibt es seit 2015 ein politisch und literarisch ambitioniertes Netzwerk von Frauen, die sich als Autorinnen, Verlegerinnen oder Übersetzerinnen im Bereich Krimi engagieren. Ihr Ziel: Sie wollen den Literaturbetrieb aus feministischem Antrieb zum Besseren ändern.
Die Mitgründerin und Verlegerin des Argument Verlags mit ariadne Else Laudan hat im Deutschlandfunk die Motivation prägnant formuliert:
HERland hat konkrete Kritik, feministische Kritik sowohl am bestehenden Literaturmarkt als auch an der bestehenden Gesellschaft.
Deutschlandfunk, 30.08.2017: Netzwerke von Autorinnen: Für Gleichberechtigung in der Krimibranche
Dieses Zitat weist auf die doppelte Zielsetzung hin: Erstens geht es HERland um die männlich dominierten Strukturen im Literaturbetrieb. Zweitens strebt das Netzwerk an, Kriminalromane mit explizit weiblicher Perspektive zu fördern.
Die Perspektiven von Frauen in Krimis statt „Frauenkrimis“
Bei einer oberflächlichen Betrachtung mögen sich manche wundern, warum es einer Initiative wie HERland bedarf. Viele Frauen schreiben Krimis, noch mehr Frauen lesen Krimis. Gleichwohl blühe die „Macho-Kultur im Genre“, der Begriff Frauenkrimi stehe „für romantischen Schund“, erklärte Else Laudan in einem Interview mit Sabine Ibing.
Für diese Analyse spricht einiges, die vielfältigen Lebenswelten von Frauen sind in Kriminalromanen unterrepräsentiert. HERland setzt einen programmatischen Kontrapunkt: Das Netzwerk will Autorinnen fördern und bestärken, die explizit aus der Perspektive von Frauen schreiben. Der Fokus soll auf der sozialen Stellung der Frau und den gesellschaftlichen Verhältnissen liegen.
Die Autorinnen-Vereinigung, die sich nach dem utopisch-feministischen Roman „Herland“ von Charlotte Perkins Gilman benannt hat, versteht ihr Handeln umfassend politisch: antipatriarchal, antikapitalistisch, selbstverständlich gegen rechts. Und erfolgreich. Erfolgreich? Das erläutert Else Laudan im taz-Interview:
Erfolgreich ist unser Postulat gegen Bescheidenheit. Frauen sind zu lange bescheiden gewesen und sind heute noch oft zu bescheiden. Wir sind erfolgreich, weil wir charismatisch und aufrecht sind. Unser Erfolg ist nicht, ob wir auf einer Bestsellerliste stehen, sondern dass wir unsere Stärken zusammenlegen, statt sie gegeneinander auszuspielen.
taz.de, 25.10.2021: Verlegerin über feministische Krimis: “Eine gerechtere Welt ist möglich”
HERland: Anne-Goldmann-Stipendium und Mentoring
HERland leistet vielfältige Arbeit. Neben der Vernetzung treten die Beteiligten öffentlich für ihr Anliegen ein und unterstützen Autorinnen, die sich noch nicht etabliert haben. Mit dem Anne-Goldmann-Stipendium fördert das Netzwerk auch konkrete literarische Projekte.
Dieses Stipendium widmet HERland der 2021 verstorbenen Mitgründerin Anne Goldmann, die unter anderem mit „Lichtschacht“ und „Das größere Verbrechen“ herausragende österreichische Krimis geschrieben hat. 2023 konnte sich Anja Schwennsen für ihr Projekt „Glücksvollzug“ über das mit 3.000 Euro dotierte Anne-Goldmann-Stipendium freuen. Zusätzlich erhielt Nikola Anne Mehlhorn für „Widerstund“ eine Anerkennungsprämie in Höhe von 500 Euro.
Darüber hinaus bietet HERland ein Mentoring für Krimiautorinnen, die bereits einen Krimi veröffentlicht haben.
Hochkarätige Krimiautorinnen bei HERland aktiv
Bei HERland handelt es sich um ein Autorinnen-Netzwerk, das einen hohen Anspruch verfolgt: auch literarisch. Die politischen Krimis sollen riskant sein – jenseits vom Mainstream. Ein Blick auf die Bücher der beteiligten Krimiautorinnen zeigt, was das bedeutet.
HERland vereinigt die führenden Autorinnen hochwertiger politischer Krimis im deutschsprachigen Raum! So führte Merle Kröger bereits zwei Mal die jährliche Krimibestenliste des Deutschlandfunk Kultur an. Dies hat neben ihr nur der Australier Garry Disher erreicht. Die Jury um Tobias Gohlis zeichnete die beiden Bücher „Havarie“ und „Die Experten“ aus, erschienen im Argument Verlag mit ariadne und im Suhrkamp Verlag.
Simone Buchholz gehört ebenfalls zu den wichtigsten Krimiautorinnen in Deutschland. Ihre melancholischen St. Pauli-Krimis mit der Staatsanwältin Chastity Riley als Hauptfigur setzen kriminalliterarische Maßstäbe. Poetisch und politisch zugleich! Mit ihrem Kriminalroman “Der Mexikoring” gewann sie den Deutschen Krimipreis 2019 – zwei Jahre später nahm ihn Merle Kröger für “Die Experten” entgegen.
Der Deutsche Krimipreis 2020? Dieser ging an Zoë Beck für ihren Thriller “Paradise City” (Werbe-Link zu Thalia)1. Zu recht: Diese Dystopie beeindruckt und lässt erschaudern. Auch aus der Feder der Wienerin Gudrun Lerchbaum stammt mit „Lügenland“ eine lesenswerte Dystopie, ihr Krimi „Wo Rauch ist“ begeistert ebenso. Monika Geier mit ihrer Bettina-Boll-Reihe, Christine Lehmann mit ihren Lisa-Nerz-Krimis und Co.: Bei den Autorinnen von HERland gehen politischer und literarischer Anspruch Hand in Hand!
Auch die Übersetzerinnen und Verlegerinnen spielen eine wichtige Rolle bei der Etablierung guter feministischer Krimis. Else Laudan leistet als Verlegerin der ariadne Krimis im Argument Verlag in diesem Bereich eine unschätzbare Arbeit. Als Autorin, Übersetzerin und Leiterin des Verlags CulturBooks deckt Zoë Beck die gesamte Bandbreite ab. Zu den Akteurinnen von HERland gehört zudem die Übersetzerin Gabriele Haefs, die Krimis von Anne Holt, Åsa Larsson und viele weitere Bücher ins Deutsche übertragen hat.
Auf der Homepage von HERland finden sich alle grundlegenden Informationen und interessante Blogeinträge inklusive Krimitipps.
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